Kein Absehen vom Regelfahrverbot bei grobem Pflichtverstoß (innerörtliches Überholmanöver)
Von einem wegen eines groben Pflichtenverstoßes (hier: Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h) i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 1 [1. Alt.] StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV verwirkten Regelfahrverbot kann bei einem innerorts bei freier Gegenfahrbahn durchgeführten Überholvorgang grundsätzlich nicht abgesehen werden; das Überholen begründet in einem solchen Fall keinen Ausnahmeumstand im Sinne geringen Verschuldens. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn es sich bei dem Tatort um eine übersichtliche, breit ausgebaute und schnurgerade verlaufende Fahrbahn ohne Wohnbebauung oder Fußgängerverkehr handelt.
Vom Regelfahrverbot kann nur in Einzelfällen abgesehen werden; so in Fällen, in denen der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen solch erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist, oder in Fällen, in denen eine besondere Härte vorliegt, wie insbesondere bei drohender Existenzgefährdung. Nur dann, wenn ein Ausnahmefall vorliegt, dessen Umstände die tatbestandsbezogene oder die rechtsfolgenbezogene Vermutung entkräften, darf von der Anordnung eines an sich verwirkten Regelfahrverbots abgesehen werden. Nach diesen Vorgaben vermögen die bisherigen Feststellungen eine Ausnahme von der gebotenen Verhängung des Regelfahrverbotes auf der tatbestandlichen Ebene nicht zu rechtfertigen.
In objektiver Hinsicht beschreiben die Tatbestände, für die § 4 Abs. 1 BKatV (in Verbindung mit dem Anhang und den Tabellen) das Fahrverbot als Regelsanktion vorsieht, Verhaltensweisen, die besonders gravierend und gefahrenträchtig sind. Beim ihrem Vorliegen kommt es auf die weiteren Einzelheiten der Verkehrssituation regelmäßig nicht an. Insbesondere kann die Beschaffenheit des Tatortes den Betroffenen grundsätzlich nicht entlasten. Die örtlichen Verhältnisse belegen nicht, dass die von der erheblichen Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausgehende abstrakte Gefahr am Tatort ausgeschlossen war, dies insbesondere bei einem Überholvorgang, bei dem der überholte Bus, je nach Blickwinkel, den überholenden Pkw zeitweise verdeckte.
Der Betroffene hat sich in dem Wissen, dass vor ihm eine kilometerlange Passstraße mit durchgehendem Überholverbot befindet, fahrlässig zu einem Überholen entschlossen.
Hinsichtlich des subjektiven Elements lässt nicht das schlichte Fehlen einer „gesteigerten Fahrlässigkeit“ beim Betroffenen die Vermutungswirkung des Regelfalles einer groben Pflichtwidrigkeit entfallen, sondern erst das Vorliegen von Ausnahmeumständen, die den objektiv groben Verstoß (hier Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h) in subjektiver Hinsicht nicht besonders verantwortungslos erscheinen lassen. Nur wer aufgrund geringen Verschuldens (etwa weil er infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste) einen - wie hier - objektiv schwerwiegenden Verkehrsverstoß begeht, bedarf nicht der Einwirkung des Fahrverbots neben einer Geldbuße, um ihn dazu anzuhalten, die Verkehrsvorschriften zu beachten.
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OLG Bamberg, Beschluss vom 12.02.2018, Az. 2 Ss OWi 63/18
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Keine Reservierung von kurzen Kennzeichen für künftige Neuzulassung eines anderen Kfz
<p> Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Beschluss vom 30.5.2011 – 1 A 37/11 – den Berufungszulassungsantrag einer Klägerin zurückgewiesen, die die Verpflichtung des Landkreises Saarlouis – Straßenverkehrszulassungsbehörde - begehrte, ihr im Falle der Abmeldung des derzeit auf sie zugelassenen Kraftfahrzeugs dessen „kurzes“ (zweistelliges) Kennzeichen für das dann zuzulassende Fahrzeug – unabhängig von einer bauartbedingten Erforderlichkeit - erneut zuzuteilen. Über das Begehren der Klägerin hatte das Verwaltungsgericht noch auf der Grundlage der bis 7.4.2011 geltenden Fahrzeug-Zulassungsverordnung entschieden und ihre Klage abgewiesen, da die behördliche ablehnende Entscheidung ermessensfehlerfrei ergangen sei. Zur Begründung seiner nunmehr ergangenen Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass das Begehren der Klägerin wegen dessen Zukunftsbezugs nach der zum 8.4.2011 in Kraft getretenen Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung zu beurteilen sei. Danach dürften zwei- und dreistellige Erkennungsnummern nur noch solchen Fahrzeugen zugeteilt werden, für die eine längere Erkennungsnummer nicht geeignet sei. Ausnahmen lasse die Änderungsverordnung – im Gegensatz zum alten Recht – nicht mehr zu. Die Neuregelung sei als geltendes Recht ab Inkrafttreten von den Behörden anzuwenden. Eine Rechtsgrundlage für die zwischenzeitlich ergangene Anordnung der Landrätin, die Neuregelung für den Bereich des Landkreises auszusetzen, gebe es nicht. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.</p> <p> <em>OVG Saarland, Beschluss vom 30.05.2011, Az. 1 A 37/11 (Pressemeldung des Gerichts)</em></p>
Aktuelles
Unverhältnismäßige Abschleppanordnung
<p> Ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls sicher, dass der Fahrer eines verkehrsordnungswidrig abgestellten Fahrzeugs in Kürze die Störung/Behinderung selbst beseitigen wird, so ist eine Abschleppanordnung in der Regel nicht verhältnismäßig, da durch das Abschleppen des Fahrzeugs die Störung/Behinderung erkennbar allenfalls um einige Minuten verkürzt werden könnte. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Störer vorsätzlich über eine ihm gegenüber mündlich ergangene Anordnung hinwegsetzt. Eine Abschleppanordnung darf nicht aus Gründen der General- oder Spezialprävention getroffen werden.</p> <p> <em>Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 08.06.2011, Az. 5 Bf 124/08</em></p> <p> <strong>Die Entscheidung kann in der Rechtsprechungsdatenbank des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts kostenlos im Volltext abgerufen werden: <a href="http://rechtsprechung.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?form=bsIntExpertSearch&neuesuche=Neu&st=ent&sm=gercont&desc=text&query=+&desc=norm&query=+&desc=court&query=OVG+Hamburg">http://rechtsprechung.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?form=bsIntExpertSearch&neuesuche=Neu&st=ent&sm=gercont&desc=text&query=+&desc=norm&query=+&desc=court&query=OVG+Hamburg</a> </strong></p>
Aktuelles
Zur Ungeeignetheit eines Kraftfahrers wegen Übermüdung - Schlafapnoiker
<p> Nicht jegliche Ermüdung eines Kraftfahrer führt zur Bejahung der Tatbestandsvoraussetzung des § 315 c 1 Nr.1 b StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs). Zu verlangen ist vielmehr ein solcher Übermüdungszustand, der für den Beschuldigten die erkennbare Erwartung eines nahenden Sekundenschlafs mit sich bringt. Auch lässt sich allein mit dem Umstand, dass der Kraftfahrer Schlafapnoiker ist, nicht die Annahme der Ungeeignetheit i.S. von §§ 111a, 69 StGB begründen.</p> <p> <em>LG Traunstein, Beschluss vom 08.07.2011, Az. 1 Qs 226/11</em></p>
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